Das Urteil des EuGH zur Arbeitszeiterfassung vom 14. Mai 2019 verpflichtet Unternehmen, die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter zu erfassen. Es gilt für alle Mitarbeiter, unabhängig davon, ob sie Lohn oder Gehalt beziehen. Mit der Arbeitszeiterfassung gemäß dem EuGH-Urteil sollen die Rechte der Mitarbeiter auf Pausenzeiten und die Bezahlung von Überstunden durchgesetzt werden. Die Höchstarbeitszeit gemäß der Arbeitszeitrichtlinie darf nicht überschritten werden. Als Unternehmer müssen Sie die Arbeitszeiten der Mitarbeiter auch vor Gerichten und Behörden dokumentieren können.
Das erwartet Sie in diesem Beitrag:
1. Arbeitszeiterfassung wird für Unternehmen zur Pflicht
2. Wie soll die Umsetzung erfolgen und welche Fristen gelten?
3. Für wen gilt die Aufzeichnungspflicht nach EuGH?
4. Auswirkungen des EuGH-Urteils auf die Vertrauensarbeitszeit
5. Mein Fazit – Die digitale Stempeluhr als geeignete Lösung
Arbeitszeiterfassung wird für Unternehmen zur Pflicht
Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat am 14. Mai 2019 beschlossen, dass Arbeitgeber ein System zur Messung der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer einrichten müssen. Um die von jedem Arbeitnehmer geleistete tägliche Arbeitszeit zu messen, ist ein zuverlässiges, zugängliches und objektives System erforderlich. Sie als Unternehmer sind gefragt, um mit einem geeigneten Zeiterfassungssystem die Arbeitszeit Ihrer Mitarbeiter zu erfassen und zu dokumentieren.
In den EU-Mitgliedsstaaten müssen Arbeitgeber alle Maßnahmen treffen, damit die Arbeitnehmer ihren Nutzen von den täglichen und wöchentlichen Mindestruhezeiten sowie von der Obergrenze der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit gemäß Arbeitszeitrichtlinie haben. Die Arbeitszeiterfassung nach EuGH ist notwendig, damit eine Kontrolle des Gesundheitsschutzes im Sinne der Arbeitszeitrichtlinie und der EU-Grundrechtecharta durch die Behörden und Gerichte möglich ist.
Die Durchsetzung der Rechte der Arbeitnehmer ist nach Ansicht des EuGH ohne ein System zur digitalen Zeiterfassung äußerst schwierig. Eine objektive und verlässliche Feststellung der täglich und wöchentlich geleisteten Arbeitsstunden ist unbedingt notwendig, um die Einhaltung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit und der Mindestruhezeit zu kontrollieren. Die Schutzzwecke der Arbeitszeitrichtlinie für Sicherheit und Gesundheit könnten gefährdet werden, wenn die Arbeitgeber nicht zur systematischen Erfassung der Arbeitszeit verpflichtet werden.
Wie soll die Umsetzung erfolgen und welche Fristen gelten?
Die Mitgliedsstaaten der EU müssen die Arbeitgeber zur Einführung eines solchen Systems verpflichten. Es hängt von den jeweiligen Mitgliedsstaaten ab, wann die Arbeitszeiterfassung für die Unternehmen zur Pflicht wird.
In Deutschland ist die Arbeitszeiterfassung nach EuGH schon jetzt Pflicht, auch wenn der Bundestag noch kein Gesetz zum EuGH-Urteil zur Arbeitszeiterfassung verabschiedet hat. Bereits im Februar 2020 wurde ein Arbeitgeber aus Deutschland wegen mangelnder Zeiterfassung verurteilt. Ein Arbeitnehmer hatte auf die Zahlung des noch ausstehenden Gehalts aufgrund von Überstunden geklagt und konnte seine Mehrarbeit mit handschriftlichen Aufzeichnungen belegen. Der Arbeitgeber hatte lediglich ein Bautagebuch mit Arbeitsbeginn und Arbeitsende geführt. Das Arbeitsgericht Emden berief sich auf Artikel 31 Absatz 2 der europäischen Grundrechte-Charta und gab dem Arbeitnehmer recht. Das Unternehmen hatte keine Fahrzeiten, Pausen und andere anfallenden Arbeitszeiten erfasst.
Um auf der sicheren Seite zu sein, benötigen Sie als Unternehmer ein geeignetes System zur digitalen Zeiterfassung. Das Urteil zur Arbeitszeiterfassung nach EuGH hat den Unternehmen einigen Spielraum für die Ausgestaltung gelassen.
Die einzelnen Mitgliedsstaaten der EU können die Modalitäten für ein solches System bestimmen. Dabei kann es Unterschiede entsprechend des Tätigkeitsbereichs, der Eigenheiten und der Größe von Unternehmen geben. Um als Unternehmer keine Fehler bei der Arbeitszeiterfassung zu machen, können Sie auf eine umfassende und kompetente Beratung nicht verzichten.
Für wen gilt die Aufzeichnungspflicht nach EuGH?
Die Aufzeichnungspflicht der Arbeitszeit trifft für alle Arbeitnehmer zu. Nach den Schlussanträgen vom 31. Januar 2019, Az. C-55/18, Rn. 29 sollte die digitale Zeiterfassung ursprünglich nur für Vollzeitarbeitnehmer gelten. Diejenigen, die individuell oder kollektiv zur Leistung von Überstunden bereit sind, sowie mobile Arbeitnehmer sollten nicht unter die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung fallen. Das Urteil des EuGH vom 14. Mai 2019 betrifft jedoch alle Arbeitnehmer. Die Pflicht zur digitalen Zeiterfassung gilt für Löhne ebenso wie für Gehälter.
Als Unternehmer müssen Sie empfindliche Strafen befürchten, wenn Arbeitnehmer mehr als die vorgegebene Zeit arbeiten und ihre Überstunden nicht erfassen. Allerdings gelten zwei Ausnahmen: Arbeitnehmer mit einem Jahresbruttogehalt von mehr als 76.200 Euro in den alten Bundesländern und 68.400 Euro in den neuen Bundesländern müssen keine Arbeitszeit erfassen. Die längeren Arbeitszeiten werden durch das ausgezahlte Gehalt gerechtfertigt.
Die zweite Ausnahme bilden die Dienste höherer Art, die besonderen Berufsgruppen. Die Fähigkeiten und Berufe dieser Menschen setzen ein gewisses Maß an Überstunden voraus. Solche Berufsgruppen sind
- Politiker
- Ärzte
- Architekten
- Rechtsanwälte
- Steuerberater.
Auswirkungen des EuGH-Urteils auf die Vertrauensarbeitszeit
Vertrauensarbeitszeit ist ein Modell der Arbeitszeitorganisation. Dabei geht es um die Erledigung der vereinbarten Aufgaben. Die zeitliche Anwesenheit des Arbeitnehmers ist unbedeutend oder hat nur eine untergeordnete Bedeutung. Die Lage der Arbeitszeit hat beim Modell der Vertrauensarbeitszeit keine essenzielle Bedeutung. Lediglich die Angabe eines Zeitraums oder Zeitpunkts ist wichtig. Die Mitarbeiter müssen ihre Aufgaben innerhalb eines Zeitfensters mit der gewohnten Sorgfalt erledigen. Unternehmen vertrauen darauf, dass die Mitarbeiter ihre Arbeitsleistung ohne feste Arbeitszeiten erbringen.
Die Vertrauensarbeitszeit wird auch als Vertrauensgleitzeit bezeichnet. Sie bedeutet für die Arbeitnehmer eine höhere Verantwortung für das Arbeitsergebnis und für die termingerechte Erbringung ihrer Leistung. Viele Arbeitgeber schauen nicht mehr auf die geleisteten Arbeitsstunden, sondern auf das Ergebnis. Das kann dazu führen, dass die Arbeitnehmer ihre Beschäftigungszeit freiwillig verlängern. Daher ist die Einführung der digitalen Zeiterfassung auch bei der Vertrauensarbeitszeit wichtig. Als Unternehmer müssen Sie darauf achten, dass bei Vertrauensarbeitszeit die Höchstarbeitszeit nicht überschritten wird.
Im Gegensatz zu Vertrauensarbeitszeit bedeutet Gleitzeit, dass die Arbeitnehmer täglich oder wöchentlich eine bestimmte Zahl an Arbeitsstunden erbringen müssen. Dabei können sie selbst entscheiden, wann sie kommen und gehen. Die Gleitzeit ist mit und ohne Kernzeit möglich. Kernzeit bedeutet, dass die Arbeitnehmer über eine vorgeschriebene Zeit am Tag, beispielsweise zwischen 10:00 und 14:00 Uhr, anwesend sein müssen.
Fazit: Digitale Stempeluhr als geeignete Lösung
Das Urteil zur Arbeitszeiterfassung des EuGH stellt Sie als Unternehmer vor eine größere Herausforderung. Eine digitale Stempeluhr ist eine geeignete Lösung für die digitale Zeiterfassung. Sie stellt in jeder Unternehmung die bessere Alternative zur traditionellen Arbeitszeiterfassung dar. Solche Stempeluhren sind bei den modernen digitalen Zeiterfassungssystemen meist integriert. Bei den Stempeluhren gibt es verschiedene Arten:
- digitale und elektronische Stempeluhr mit Arbeitszeiterfassung über Chipkarten, RFID-Karten und RFID-Schlüsselanhänger
- mobile Stempeluhr, die auf mobilen Geräten verfügbar ist und mit denen Arbeitnehmer sich auch außerhalb zum Arbeitsbeginn einloggen und zum Arbeitsende ausloggen können
- Stempeluhr mit Fingerprint, bei der die Fingerabdrücke der Mitarbeiter gescannt werden. Die Mitarbeiter lassen sich anhand der Fingerabdrücke identifizieren. Manipulationen durch andere Mitarbeiter können ausgeschlossen werden.
Moderne digitale Tools ermöglichen nicht nur die einfache Erfassung der Arbeitszeit, sondern auch die von Urlaub oder Dienstreisen. Aus dieser Entwicklung resultiert eine bessere Verwaltung der vorhandenen Daten, Transparenz im Unternehmen und eine immer größer werdende Rechtssicherheit.